Ein gelungenes Fest

Erlebte Geschichten

Letzte Woche feierten viele Amerikaner das Thanksgiving-Fest. Sie mussten Wind und Schnee überwinden, um diese Zeit mit ihren Familien oder vielleicht auch ein paar Freunden verbringen zu können. Ich bin kein Amerikaner, aber ich habe auch an dieser Tradition teilgenommen. Ich wurde in Iran geboren und da wuchs ich auf, bis ich 20 wurde. Den 21sten Geburtstag habe ich in San Francisco gefeiert. Damals, obwohl ich erst nur ein Jahr in den USA war, war das Thanksgiving schon zu meinem Lieblingsfest geworden.

Nach der Einwanderung in die USA wohnten wir – meine Mutter, ich und meine Schwestern – bei meiner Tante in San Francisco. Sie und ihre Familie lebten schon seit Jahren in der Bay Area und Jahr für Jahr hatten sie das Thanksgiving-Essen zubereitet und das Thanksgiving-Fest den Traditionen nach gefeiert. Also erlebte ich mein erstes Thanksgiving bei meiner Kusine: Ihre Küche war groß und von Fenstern umgeben; es war ein sonniger Tag; alles war gelb und orange geschmückt; in der Küche gab es einen süßlichen Geruch… Ich hatte noch nie zuvor »Yam« gekostet… Niemand eilte sich, denn alle waren am folgenden Tag frei. Es wurde gelacht und gegessen.

Ein paar Jahre später musste ich den blutigen Ursprung des amerikanischen Thanksgiving-Fests erfahren. Diese blutige Geschichte konnte jedoch meine Vorliebe für diese Herbstfestlichkeit kaum beeinträchtigen. Denn in meinen Gedanken hatte das Thanksgiving schon seine eigenartige Bedeutung, eine, die von der amerikanischen Geschichte getrennt und von mir und meinen Erlebnissen geschaffen worden war. Sie bestand aus jener verlangsamten Zeitlichkeit, dem Faulenzen und dem Klatschen um einen mit Herbstfarben bedeckten Küchentisch; aus dem Geruch des »Yams«.

Während ich in Berlin war, wollte ich ein Stück Thanksgiving mit meinen Freunden teilen. Wenn man kein Handy hat, organisiert man irgendwie seine Pläne besser. Denn man muss auf spontane durch SMS vermittelten Veränderungen verzichten. Also hatte ich schon Anfang Oktober Einladungskarten zwischen meinen Freunden verteilt. Ich wusste schon, wo ich meinen Truthahn kaufen würde, und hatte meine Kusine nach verschiedenen Rezepten gefragt. Am Mittwoch vor dem Thanksgiving musste ich erfahren, dass unser Ofen kaputt war! Also aßen wir Wurst und gekochtes Hähnchen fürs Thanksgiving. Alle aßen, tranken und klatschten, und niemand eilte sich.

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