Erstarrung

von Hayden Godfrey

Seit drei Monaten habe ich diese eisige Erstarrung in meinem Herzen gekannt, seitdem du mir den einfältigen, wortlosen Schluss unserer wunderbaren, chaotischen Liebe geliefert hast. An diesem kalten, dunklen, bewölkten Morgen in der Stadtmitte von Berlin wandern meine Gedanken in die Erinnerungen eines Abends in der Dämmerung der Zeit, in der wir uns Tag und Nacht begleitet haben. Nachdem wir einen schönen, warmen Nachmittag miteinander in den Kaffeehäusern unserer damaligen Wahlheimat verbracht hatten, hatten wir das Vergnügen, einen Abend der Kunst, der Gedichte und der Musik zusammen mit deinen Mitbewohnern zu haben. Du hattest ein Paar bedeutungslose Passagen von einem Schauspiel von Tennessee Williams gewählt und am Tisch vorgetragen, bevor ich mich um eine verkürzte Aufführung der Winterreise von Franz Schubert bemüht habe. Zum Glück war ein beruflicher Klavierspieler auch im kleinen Wohnzimmer, weswegen war dieses spontane Vorsingen dieser schwermütigen Lieder vom Verlust der Liebe und des Lebenswillens ein Beispiel von zuständiger Vollkommenheit. Allerdings kommt die umständliche Ironie meiner Gesänge mir nicht mühselig vor. Damals hätte ich es nicht erwartet, dass die Geschichte des verzweifelnden, sehnenden Winternomaden meiner wehmütigen Isolierung gleichen würde.

Die ersten Worten des Liederkreises schrieb Wilhelm Müller, wie sie hiernach stehen:

»Fremd bin ich eingezogen.
Fremd ziehe ich wieder aus.
Der Mai war mir gewogen,
Mit manchem Blumenstrauß«.

Von einem bequemen, sonnigen Mai wanderte ich ins Fegefeuer einer neuen Existenz ohne die üblich erfüllenden Umgebungen meines bisherigen Vorlebens, währenddessen die Erinnerungen unserer Gespräche am Ufer unseres rauschenden, silbernen Bächleins mir wie eine Krähe auf der Hetze nach seiner Beute gefolgt sind. Wie das ununterbrochenes Brummen einer schnarrenden Leier hat mir deine Abwesenheit gefoltert, als ich in diesen Tagen in den Romanen der Romantik ertrunken habe. Die unaufhörliche Nachdenklichkeit hat mir die Sinne betäubt und die Lust beraubt. Die betäubende Kälte, die außerhalb dieses Cafés auf ihr nächstes Opfer wartet, spiegelt die Erkenntnis meiner Unfähigkeit, die ehemalige, zärtliche Freude in den Tiefen meiner Seele zu empfinden. Nun bin ich zu diesem erstarrten Nomade umgestaltet, ohne den Schwermut der Menschlichkeit in seiner Benommenheit beurteilt zu wandern. Die sorglose Tatsächlichkeit der Welt fliegt mir unbemerkt ins Antlitz, da ich in dieser Erstarrung den Trost einer unsympathischen Zukunft gefunden habe. Draußen fällt das Regen ohne Verhinderung, wie es an einem Morgen im Herbst geschieht. Ohne Rücksicht auf den Situationen, in denen ich mich befinde, bin ich immer und ewig der Gott meines eigenen Geistes, weshalb ich keiner wesentlichen Anhänglichkeit bedarf. Die Freundschaft mit anderen Menschen, die man durch seine Erfahrungen schöpft, genügt in der Erfüllung des geistigen Lebens.

Die Liebe ist eine reizende Vergiftung, die uns oftmals den Sinn verdüstert und einen vom richtigen Pfad verführt, und gleichzeitig das schönste Erlebnis, das man im Leben erfahren könnte. Von dieser Drogensucht habe ich mich abgewohnt, damit ich den prächtigen Plan meiner Zukunft verfolgen kann. Meine Energien gehören meinem Geist und seiner Entwicklung als ein untrennbarer Teil von meinem Ich, das ewig in einem Zustand von Verbesserungsfähigkeit besteht. Danach strebe ich, um eine höhere Niveau des Selbstbewusstseins und der Menschlichkeit ohne die wesentlichen Ablenkungen meines Vorlebens zu erreichen.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*