»Which side are you on, friend, which side are you on?«

Störung, Stadt, Gestaltung

Weihnachten. St. Louis, Missouri. 2014. Drinnen war die Wärme, der Weihrauch, das Singen und die feierliche Stimmung. Draußen waren handgemachten Schilder, der nasse Bürgersteig, der dunkle Himmel und ein friedliches, harmonisches Ruf um Gerechtigkeit. Inzwischen stand eine ganze Truppe Bereitschaftspolizei und ihre Schilder, ihre Waffen, ihre Uniformen.

Stunden vorher wurde ein 18-jähriger Mann von der Polizei in Berkeley, Missouri erschossen. Ein Afro-Amerikanischer Mann, nur zwei Meilen entfernt von Ferguson, der Vorstadt wo der Teenager Michael Brown auch von der Polizei erschossen wurde.

Die Menschen, die hier vor der Mutter-Dom des St. Louis Erzbistums Weihnachten versammelten, halten eine ruhige Nachtwache für den Tod Martins und zahlreichen anderen Afro-Amerikaner ab, die unbewaffnet von der Polizei getötet wurden. Ich bin mit meiner Familie hingegangen, denn wir, wie andere Teilnehmer, es uns einfach nicht vorstellen könnten, während der Feiertagen alles wie gewöhnt zu machen, wenn es so deutlich war, wie ungerecht das »Gewöhnliche« war für viele Einwohner unserer Stadt.

Ich dachte, dass wir vom Dom wegen des Feiertages begrüßt, oder mindestens anerkannt wurden. Vielleicht war es naiv zu denken, dass die Kirche einer konservativen katholischen Gemeinschaft diese progressive Bewegung unterstützen wurde. Die katholische Kirche hat keine Unterstützung während der Civil-Rights-Bewegung der Sechzigern geboten und genehmigte Rassentrennung bis es gesetzlich verboten wurde. Für sie war es damals »alles wie gewöhnt«. Heute ist es anscheinend immer noch so.

Ich bin kein Mitglied der Kirche und nicht gläubig, aber ich kenne die heiligen Traditionen von der Familie meiner Mutter. Ich habe keinen Hass für das katholische Erzbistums St. Louis, nur vielleicht eine unbegründete Hoffnung, dass es irgendwann Gott in der Empathie und der Gerechtigkeit für die Stimmlosen finden wird. Ohne dafür zu stehen, ist immer dagegen zu stehen.

Ein beliebtes Lied der Bewegung ist »Which Side Are You On«, ein alter Gewerkschaft und aus der Civil-Rights-Epoche stammender Protestsong. Dieses Lied zwingt man dazu, anzuerkennen, dass man eine Einstellung im Kampf für Gerechtigkeit wählen muss. Die Seite der verwurzelte Ungerechtigkeit, oder die Seite der Unterdrückten und Ungehörten? Vor Kurzem hat die katholische Führung in Köln—eine sehr katholische, aber auch sehr annehmende Stadt—eine Stellungnahme entscheidend abgegeben. Kurz vor einer Demo der islamfeindlichen und rassistischen Pegida, die vor dem bekannten Dom stattfinden sollte, hat die Führung der Kirche die Entscheidung gemacht, die Domlichter auszuschalten. Pegida musste im Dunkel demonstrieren, ohne die schweigende Unterstützung der Kirche. Wann wird sich die katholische Führung in St. Louis entscheiden, mit ihren Lichtern die gerechte Seite zu Tage zu bringen, statt die Gesichte der Bereitschaftspolizei zu beleuchten? Bis sie Gerechtigkeit wählen, werden die Stimmen der Bewegung draußen vor der Polizei singen: »Which side are you on, friend, which side are you on?«

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