Ganz Berlin

von Michel Prient

Jemand steht am Rand der Liegewiese und guckt wie verloren um. Alle auf der Wiese liegenden scheinen von seiner Perspektive winzig und klein, als ob sie in einer ganz anderen Weltsphäre sind. Er sucht ein bekanntes Gesicht in der menschlichen Landschaft, in dieser aus Menschen nachgebauten Stadt. Die Köpfe dieser Leute tauchen groß auf der Wiese auf – die Kirchentürme und Wolkenkratzer zwischen langen wie leer erscheinenden Strecken, wo die von so weit oben gleich-aussehenden Wohnungsgebäude wie Grashalme stehen. So entfernt von allem sieht dieser Jemand weit über die einzelnen Merkmale in die ewige Ferne hinaus, die Gesichter der Stadt erblickend, aber merkt immer noch nicht die, nach denen er sucht. In dem Moment kommt ihm die Wiese wie ein großes Ganzes vor, ein chaotisch aber mit Sorgfalt gefertigtes Leben ohne Einzelteile. Wie unbewusst dreht er sich noch langsam um und sein Blick erstreckt sich bis zu den Fenstern der umringenden Häuser, die den bewölkten Horizont dieser Grünfläche-Welt bilden und durch die man eine benebelte Zukunft ahnen kann.

Die Geräusche der Menge drängen zu ihm, ein Geflüster getragen auf den Flügeln des Windes zu seiner turmbauartigen Wolkenhöhe, das ihm zuwinkt und ihn wieder zur Welt ruft. Sich weiterhin umdrehend richtet er seinen Blick nochmal auf die menschlichen Baulichkeiten der Parkanlage. Deren kleine Innenstadt der entspannten Gruppen hatte sich um die Quellen der feierlichen Gesellschaft versammelt und war schon im Aufbau sehr fortgeschritten. Baustellen entstehen überall, wo er hinsieht. Da auf dem Platz wird eine besonders große neue Baustelle errichtet; ein Grill wird ausgepackt. Er erkennt die Kräne, die wie er aus der Silhouette der kleinen Stadt-in-der-Großstadt hervorragen und den Grill aufbauen.

Er hat seine Freunde im Gewimmel gefunden und weiß endlich wo er hin muss. Von seinem Fernsehturm steigt er mit einem zufriedenen Lächeln herab und, sich hinsetzend, wird wieder Teil des großen Ganzen.

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